Rückblick des NABU Weinstadt:

Ereignisse, Ausflüge und Aktivitäten im Jahr 2019

Vogelkundliche Wanderung in Endersbach

Termin/Teilnehmer: 28. April 2019, 7 Gäste.
Leitung: Dr. Hermann Spiess und Horst Schlüter.
Beginn: 07:00 Uhr ab Birkelwehr, Ende: gegen 11:30 Uhr.
Wetter: Beginn bedeckt, 6 Grad C, später etwas Sonne u. wärmer.
"Guten Morgen, Amsel", rief ich dem bereits munter flötenden Vogel zu, "auch schon auf? "Schlafmütze!", meinte der schwarze Herr und flog davon. Nun ja, als Ruheständler morgens um 5:45 Uhr aufzustehen, kostet schon einige Überwindung, der Amsel scheint es eine Stunde früher überhaupt nichts auszumachen, herumzuflöten … Doch wie immer hat es sich gelohnt, um sieben Uhr eine gut gelaunte Truppe Gleichgesinnter zu treffen und den Vormittag in der Natur zu genießen.
  

Und wie jedes Mal führte Herr Dr. Spiess in eine Gegend, gar nicht weit entfernt von Ortschaften oder Industriegebieten. Die Pflanzenwelt zwischen
Beutelstein und Rems war sehenswert und die Vogelwelt war sehr fleißig damit beschäftigt, unseren Augen und vor allem unseren Ohren viel zu Sehen und zu Lauschen zu geben. Schade, dass schon viele Bäume belaubt waren.
 

Gänsesäger, Nilgans und später auch der Eisvogel machten die
Beobachtungen spannend. Schön konnte man dem Zaunkönig
lauschen, den Gartenrotschwanz ausfindig machen und auch der
Zilpzalp nannte laut und deutlich seinen Namen.
Wiesenpflanzen wie der Gundermann, Kriechender Günsel, Knoblauchsrauke, Wiesenschaumkraut und vor allem die herrlich
blühende Weiße Taubnessel erfreuten uns. Auch die Pfeilkresse
bildete kleine weiße "Rasenflächen", die beiden überfliegenden Turmfalken interessierte das aber weniger.
Vorbei an unserer Wildbienenwand bei der Fischerhütte ging es dann den Berg hoch, wo wir erfuhren, dass dort eine alte Römerstraße oberhalb der Rems führte. Das Tal war damals wohl sumpfig und die Gefahr von Malaria drohte, so blieb man auf der Anhöhe. Dort gab es eine kurze Einführung in Grasarten wie Poa und Bromus, und einer Goldammer konnte man einige Minuten sehr nahe zuschauen, wie sie auf einem Wengerthäusle ihr "Hab' -
hab' - hab' mich liiieb!" trällerte.
  

Es ist immer wieder erstaunlich, wie Horst Schlüter aus dem ganzen Chorgesang einzelne Vogelarten akustisch herauspickt und sie uns dann zuführt: Girlitz und Klappergrasmücke. Und dann noch ein Wendehals, über den ich immer sage, dass er ruft, wie wenn man einen alten Citroen 2 CV anlassen würde …
Gegen Ende der Tour hat die Vogelwelt noch mal "alles gegeben" und ließ uns beim rasanten Flug von Mehlschwalbe, Rauchschwalbe und Mauersegler zuschauen. Erstaunliches Ergebnis dieses spannenden Vormittags sind mehr als 30 Vogel- und mehr als 60 Pflanzenarten.
  

Bericht: William Patrick  

„Bisher fand ich Bienen nur lästig“

Großes Interesse an der NABU-Führung zum Wildbienenhaus an der Rems.  

Das Artensterben ist eines der wesentlichen Naturschutz- und Umweltthemen unserer Generation, dies zeigt sehr eindringlich der aktuelle UN-Bericht zur Biodiversität. Eine Forschungsarbeit des Vereins für Insektenkunde in Krefeld weist nach, dass sich in den letzten 25 Jahren bereits um 80% der Biomasse (Insekten am Boden und in der Luft) selbst in Naturschutzgebieten reduziert hat. Auch unsere heimischen Wildbienen sind extrem betroffen. Der NABU Weinstadt informierte anschaulich, dass von den in Baden Württemberg noch vorkommenden 460 Wildbienenarten mehr als die Hälfte vom Aussterben bedroht ist. Warum aber sind die Wildbienen gerade auch in unserer Region so wichtig? Wildbienen fliegen im Frühjahr im Vergleich zur Honigbiene auch schon bei niedrigeren Temperaturen und auch bei windigem und nassem Wetter und sind daher für 75% der Bestäubungsleistung für Obst, Beeren und Gemüse verantwortlich! Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: wir als Verbraucher, unsere Politik als Gesetzgeber und insbesondere unsere Landwirtschaft sind in hohem Maße gefordert.  

Die Stadtgärtnereien sind in den letzten Jahren lobenswerter Weise schon vermehrt dabei, an
Straßenrändern und Kreisverkehrsflächen
Blühwiesen mit heimischen Wildblumen und Kräutern anzulegen.
  Auch der Rems-Murr-Kreis hat hier mit dem Erstellen von Erdhügeln und dem Aussäen bienenfreundlicher Wildpflanzen im
Bereich der Bundesstraßenausfahrten positive Zeichen gesetzt. Dies sind wichtige Maßnahmen und auch jeder einzelne Bürger kann in seinem Umfeld aktiv zum Artenerhalt beitragen. Das Interesse von Weinstädter Grundschulen und Kindergärten am
Thema Wildbiene zeigt, dass wir die ersten richtigen und wichtigen Schritte gehen.


Am Beispiel der für die Remstal-Landesgartenschau erstellten Wildbienenwand erläuterten Hermann Spiess und Claus Hainbuch vom NABU was wir selbst tun können, um unseren sehr friedfertigen Wildbienen eine Chance zum Überleben zu ermöglichen.  Selbst mit einfachen Hilfsmitteln, wie zum Beispiel waagrecht und vor Regen geschützt angebrachten Bambusröhrchen, gebohrten Hartholzstücken und heimischen Blühpflanzen als Futterquelle für die Wildbienen über das ganze Jahr, können wir auf unseren Balkonen oder auf der Terrasse den Wildbienen helfen. Das Beobachten der Wildbienen in ihrem Jahresrhythmus ist insbesondere auch für unsere Kinder ein Erlebnis und für jeden leicht zu ermöglichen. Das Foto zeigt ein Männchen und das etwas größere Weibchen der gehörnten Mauerbiene bei der Begattung. 

Die Teilnehmer bekamen Informationen zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen sich die Wildbienen besonders wohl fühlen und was sie zum Überleben und zum Sicherstellen einer möglichst großen und gesunden Nachkommenschaft brauchen. Die Belegung der Wildbienenwand an der Rems war dieses Jahr schon so erfolgreich, dass sich der NABU Weinstadt entschlossen hat, im Winter 2019/2020 im Areal des Naturdenkmals „Klingenkopf“ eine Wildbienenwand zu errichten. Die Stadt Weinstadt unterstützt uns auch hier dankenswerterweise finanziell.

Das abschließende Statement einer Teilnehmerin „Bisher fand ich Bienen nur lästig“ zeigt, dass die Veranstaltung ein voller Erfolg war und auch im Jahresprogramm des NABU Weinstadt in 2020
aufgenommen wurde.
  

Bericht: Claus Hainbuch  

Exkursion mit naturkundlicher Führung ins Wollmatinger Ried und Besichtigung des neuen NABU-Bodenseezentrums

Am Sonntag, 19. Mai 2019, fuhren 12 Mitglieder des NABU Weinstadt und 18 Mitglieder des NABU Waiblingen mit
einem Bus der Fa. Eisenmann zum neuen NABU-Naturschutzzentrum am Bodensee bei Konstanz. Direkt vor der Haustür des NABU-Zentrums liegt das Wollmatinger Ried, ein europaweit bedeutendes Naturparadies mit einer Fläche von 774 Hektar, das seit fast 40 Jahren vom NABU betreut wird.
  „Der enorme Artenreichtum dieses Reservats macht dieses Gebiet zum kostbaren Juwel und zum Hotspot der Biodiversität“ (Zitat: NABU BW). Es wurde durch das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 als FFH- (Fauna-Flora-Habitat) und Vogelschutzgebiet geschützt und wurde mit dem „Europa-Diplom“ ausgezeichnet.  

Seine ufernahen Riedflächen und Wiesen beherbergen zahlreiche sehr seltene und fast ausgestorbene Arten
und weist etwa 300 Vogelarten, davon über 60 Brutvogelarten und ca. 330 Schmetterlingsarten auf.
  

Bei den Pflanzen zählen die Mehlprimel und 21 verschiedene Orchideenarten zu den Besonderheiten. An Bäumen findet man im Ried die Schwarzpappel, die Silberweide, Ulmen oder Eichen, doch die meisten Gehölze sind Büsche wie Kreuzdorn, Schneeball
und Weiden. Das Wollmatinger Ried entstand, wie der Bodensee auch, als sich das Eis der letzten Eiszeit (Würmeiszeit) in die Berge zurückzog und das Schmelzwasser zurückließ.
  

Zum Schutz der Flora und Fauna darf das riesige Naturschutzgebiet nicht auf eigene Faust begangen werden.  

Eine junge, aber erfahrene und kompetente Mitarbeiterin im NABU-Bodenseezentrum, Teilnehmerin am Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ), führte unsere Gruppe beinahe vier Stunden lang auf überwiegend schmalen Infopfaden durchs Schutzgebiet.  

Trotz schlechter Vorhersagen hielt das Wetter und es schien überwiegend sogar die Sonne. Wir starteten unsere ca. 5 km lange Rundtour am alten Naturschutzzentrum „Vogelhäusle“ in der Nähe der Kläranlage Konstanz. Zunächst führte der Weg durch
weite topfebene Wiesen, die aufgrund der Jahreszeit noch einen relativ spärlichen Blütenflor aufwiesen. Immer wieder wurden kleine Stopps eingelegt, bei denen unsere Führerin interessante Informationen zu Flora und Fauna gab. Über uns kreisten Rot- und Schwarzmilane. In der Ferne grasten oder lagerten Rehe und Hasen. Eine kleine Herde von Schottischen Hochlandrindern weidete unter einer Baumgruppe und ließ sich von uns nicht stören. Das Licht, die Stille, das saftige Grün und die Weite der
Landschaft verbreiteten eine friedliche Stimmung.
  

Ein vor uns liegender Schilfgürtel kündigte dann die Uferzone des Seerheins an, an dessen Ufer wir auch bald darauf standen. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite lag die Schweizer Gemeinde Gottlieben, die zum Kanton Thurgau gehört.
Auf dem Seerhein übte sich vor unseren Augen über eine längere Zeit ein Schwanenpaar im  Synchronschwimmen. Ein Haubentaucherpaar suchte unter Wasser nach Nahrung, Stockenten
hofften am Ufer auf Futter. Auf schmalen Pfaden ging es dann im Gänsemarsch in nordwestlicher Richtung weiter. In der Ferne konnte man den mit hohen
Pappeln gesäumten Reichenauer Damm erkennen. Unterwegs entdeckten wir auf einer Weidenhecke ein Neuntöterpaar. Eine Sumpfmeise verschwand mehrfach mit Futter im Schnabel in einem Astloch einer alten Weide. Aus unterschiedlichen Richtungen hörten wir den Ruf des Kuckucks.
  

Rechts des Pfades entdeckten wir in einiger Entfernung mit unseren Ferngläsern eine größere Anzahl des Kleinen Knabenkrautes (Anacamptis morio) und direkt am Wegrand das Fleischfarbene Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata). An vielen Bäumen konnten wir die Nagespuren des Bibers erkennen und seine zu Fall gebrachten Bäume säumten den Weg.  

Schließlich gelangten wir zu einer Biberburg, wo mit Drainagerohren und Bypassgräben versucht wurde, den Überschwemmungsbereich etwas einzugrenzen. Zur Seeseite hin erstreckten
sich große Schilfflächen, die bis an den Seerhein reichten. In der
Nähe der Stelle, wo der Seerhein in den Untersee mündet, liegt
der Triboldingerbohl, eine unbewohnte, schilfbewachsene Vogelschutzinsel. In Höhe des nördlichen Endes dieser Insel gelangten wir zu einer Beobachtungsplattform. Von dort aus konnten wir das lebhafte und laute Treiben von Fluss-Seeschwalben, Möwen, Braunenten, Kolbenenten und Kormoranen beobachten. Kiesbedeckte Flöße, die in einiger Entfernung im Wasser verankert waren, boten den Fluss-Seeschwalben die Möglichkeit zum Brüten. Eine Rohrweihe suchte das Röhricht nach Futter ab.

Nach einer längeren Beobachtungspause führte uns dann der Weg entlang am Mühlegraben wieder zum Ausgangspunkt zurück. Unterwegs fanden wir den Gift-Hahnenfuß (Ranunculus sceleratus) und die Mehlprimel (Primula farinosa), eine Bartmeise
war kurz bei der Futtersuche zu beobachten. Am Ausgangspunkt angekommen, wartete schon unser Bus, um uns zum neuen NABU-Naturschutzzentrum zurückzufahren. Dort angekommen, ließen wir uns hungrig und manche auch etwas erschöpft von der Wanderung und den vielen Eindrücken, auf der großen Holzterrasse vor den beiden modernen Gebäuden nieder und verzehrten user mitgebrachtes Vesper.Anschließend erhielten wir eine Führung durch das neue NABU-Bodensee
zentrum. Es ist das Zuhause der bisherigen NABU-Zentren Wollmatinger Ried und Mettnau sowie des NABU-Bezirksverband Donau-Bodensee. Als Tor zum Wollmatinger Ried ist es Anlaufstelle für alle Besucherinnen und Besucher, die die einzigartige Natur am Untersee erleben möchten. Von hier aus pflegen und betreuen rund 50 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter 29 Schutzgebiete am Bodensee und im Hegau und zeigen Besuchergruppen die faszinierende Naturvielfalt der Region. Sie kontrollieren Gebiete, erfassen Tier- und Pflanzenbestände und managen Biotope, damit die Lebensräume von Biber, Bodensee-Vergissmeinnicht und Großem Brachvogel erhalten bleiben. Jährlich bietet der NABU dort mehr als 200 informative Führungen in die Schutzgebiete an. Im Hauptgebäude befinden
sich Büros sowie eine neue Dauerausstellung, die in die Naturerlebniswelt zwischen Bodenseeufer und Hegau einführt. Im Nebengebäude sind eine Werkstatt für die Landschaftspflegegeräte sowie ein Wohnbereich untergebracht. Müde aber zufrieden stiegen wir anschließend wieder in unseren Bus, machten an der Raststätte Hegau noch eine kleine Kaffeepause und kamen abends gerade noch vor einem heftigen Gewitterguss wieder in Endersbach an.
  

Bericht: Günter Schaub  

Steinkauz-Beringung am 31. Mai

Unsere Gruppe betreut mehr als 30 Steinkauz-Niströhren rund um Weinstadt. Diese werden regelmäßig 2 bis 3 mal im Jahr kontrolliert, defekte Röhren repariert und ersetzt. Wenn der Nachwuchs bis in den Mai groß genug geworden ist, werden die Jungvögel gewogen, vermessen und beringt. Die Bruterfolge unserer Gruppe und die erhobenen Daten werden über die Steinkauz-Rems/MurrKreisgruppe zur Vogelwarte Radolfszell gemeldet, wo sie anschließend wissenschaftlich ausgewertet werden.  

In diesem Jahr freuten wir uns über 6 erfolgreiche Brutpaare mit 15 großgezogenen Jungvögeln. Auch ein Altvogel konnte von uns beringt werden.  

Bericht: Günter Schaub und Claus Hainbuch  

Volksbegehren „Artenschutz“ in Baden-Württemberg

Nachdem im Frühjahr 2019 erfolgreich von den Initiatoren von „proBiene“ 36.000 Unterschriften gesammelt wurden, hat das Innenministerium das Volksbegehren geprüft und zugelassen. Mehr als 120 Verbände (u.a. Bio- bzw. Demeter Lebensmittelerzeuger, kleine Teile der Bauernverbände sowie Naturschutzverbände) unterstützen das Volksbegehren – u.a. sind hierbei auch der BUND und der NABU sehr aktiv. Mit viel Aufmerksamkeit in den Medien wurde das Volksbegehren dann Mitte September offiziell gestartet und erzeugte insbesondere bei den Bauern und Erzeugern, aber auch bei den politischen Parteien heftige Diskussionen, Widerstände und  Gegenmaßnahmen, wie sie z. B. in Presseartikeln zu lesen oder in Form von grünen Kreuzen auf den Feldern zu sehen waren. Auch die NABU-Ortsgruppe Weinstadt hat zusammen mit den Kollegen des BUND auf dem „Weinstädter Streuobsttag“ im Rahmen eines Infostandes zum Volksbegehren sehr intensive Gespräche mit Unterstützern, aber auch mit den Gegnern des Volksbegehrens geführt.  

Worum geht es eigentlich beim Volksbegehren?
Anlass des Volksbegehrens ist der massive, wissenschaftlich belegte Rückgang der Artenvielfalt und der Insektenbiomasse in unserer Landschaft. Damit eng verbunden ist der deutliche Rückgang insektenabhängiger Vögel, denen der Lebensraum und die Nahrung fehlt. Aktuelle Erhebungen im Land belegen, dass auch Baden-Württemberg vom                  Insektensterben massiv betroffen ist.  Neueste und wissenschaftlich anerkannte Untersuchungsergebnisse der Technischen Universität München belegen, dass bei uns Deutschland-weit alleine in den Jahren 2007 bis 2017 im
Schnitt 67% der Biomasse in Wiesen und 41 % in den Wäldern abgenommen hat. Die Krefelder Studie zeigte schon in 2016 auf, dass in den 25 Jahren davor bis zu 80% der Biomasse verschwunden ist. Dies sind dramatische Entwicklungen.
  

Hauptursachen für den Artenschwund sind der massive Lebensraumverlust durch die industrielle Intensivlandwirtschaft (Pestizideinsatz, Monokulturen, Überdüngung) und die immer weiter fortschreitende Bebauung und Zersiedelung der Landschaft. Da 45 % der Fläche Baden-Württembergs landwirtschaftlich genutzt werden, lässt sich hier der größte Effekt erzielen. Und genau an diesem Punkt setzt das Volksbegehren an.  

Die vier zentralen Forderungen an die Politik lauten daher:

  1. Erarbeitung einer Strategie, dass nur noch auf der Hälfte derlandwirtschaftlich und forstwirtschaftlich sowie im Siedlungsund Verkehrsbereich genutzten Fläche Pestizide eingesetzt werden.
  2.  Eine schrittweise Anhebung des Biolandbaus auf 50 % der Fläche bis 2035.
  3. Ein Verbot bestimmter, nachweislich insektentoxischer Pestizide in Schutzgebieten, die speziell dem Erhalt der Artenvielfalt dienen.
  4. Ein gesetzlicher Schutz der heimischen Streuobstwiesen (insbesondere gegen Rodung), für die Baden-Württemberg eine ganz besondere Verantwortung trägt, da sich die Hälftealler noch vorhandenen Streuobstwiesen in Deutschland und jede zehnte aller Streuobstwiesen europaweit in unserem Bundesland befinden. 

Das Volksbegehren richtet sich ausdrücklich nicht gegen die Landwirte, sondern hat eine Änderung der bisherigen, was Naturhaushalt und Artenvielfalt betrifft, verfehlten Agrarpolitik zum Ziel. Unter dem zur Abstimmung stehenden Gesetzesentwurf wird kein Landwirt, dessen Flächen nicht in Schutzgebieten liegen, gezwungen, seine bisherige Bewirtschaftungsweise umzustellen. Vielmehr wird die Landesregierung per Gesetz dazu verpflichtet,
Rahmenbedingungen und Anreize so zu gestalten, dass sich ein Umstieg für den Erzeuger wirtschaftlich rechnet und daher freiwillig erfolgt.
Das Pestizidverbot richtet sich insbesondere gegen chemisch synthetisch hergestellte Pflanzenschutzmittel. Landwirtschaftliche Betriebe, deren Flächen in Schutzgebieten liegen, müssten daher Einschränkungen bei der Ausbringung dieser Pestizide in Kauf nehmen. Aber auch hier gilt kein generelles Pestizidverbot. Die
Ausnahmeregelungen im Gesetzentwurf des Volksbegehrens sind so formuliert, dass Pflanzenschutzmittel, welche die Artenvielfalt nicht gefährden, weiter zugelassen sein können. Viele gängige Mittel des ökologischen Landbaus werden somit weiter möglich sein. Jeder Landwirt bzw. Winzer, der bei der freiwilligen Umstellung seines Betriebes mitmacht und Einkommenseinbußen zu beklagen hat, muss und wird von der Landesregierung finanziell entschädigt werden.
Um die Ziele erreichen zu können, ist insbesondere die Politik gefordert. Dies wird nur zu machen sein, wenn die aktuelle Agrarpolitik, die einen Großteil des dramatischen Rückgangs der Biomasse zu verantworten hat, grundlegend überdacht und (D-und EU-weit) reformiert wird. Neben zielgerichteten Mitteln für Landwirtschaftsforschung und Verbraucherverhalten muss die Subventionspolitik schnellstmöglich umgestellt werden. Statt Subvention für die Fläche muss die Subvention für diejenigen Erzeuger erfolgen, die ihren Betrieb ökologisch zum Schutz der Artenvielfalt umstellen bzw. bereits umgestellt haben.
  

Wo stehen wir aktuell?
Die heftigen Diskussionen innerhalb der beteiligten Gruppen, in der Bevölkerung, in den Medien und die Auseinandersetzungen von Bauern und Naturschützern haben die grün-schwarze Landesregierung bereits Mitte Oktober dazu bewogen, ein eigenes „Eckpunktepapier“ zum Artenschutz bzw. zu einer „neuen“ Agrarpolitik aufzusetzen. In diesem Eckpunktepapier für Baden Württemberg wurden die meisten Ziele und die zentralen Punkte des ursprünglichen Volksbegehrens - allerdings in reduzierter Form - übernommen, aber es wurden auch weitere Punkte (wie z. B. das Verbot von Schottergärten und das Verbot von Glyphosat im privaten Anwendungsbereich) aufgenommen.
Da das Eckpunktepapier von den Initiatoren als zunächst gute Basis für die weitere Ausgestaltung zu einem Gesetz in Baden Württemberg angesehen wurde, hatten sie das aktive Werben für Unterschriften bis Mitte Dezember ausgesetzt. Bis dahin sollte der Vorschlag der Landesregierung detailliert und mit Unterstützung der Verbände ausgearbeitet werden. Bei dieser Ausgestaltung sind u. a. der Bauernverband und die großen Naturschutzverbände wie BUND und NABU aktiv einbezogen worden. Abhängig von diesem Ergebnis haben dann die Initiatoren zu entscheiden, ob das Eckpunktepapier eine Nebelkerze war und sie mit aller Macht die erforderlichen 770.000 Unterschriften einsammeln werden.
Im Rahmen unserer Mitglieder-Jahresversammlung werden wir am 13. März über den neuen Stand zum Volksbegehren berichten.
  

Was kann und sollte jeder Einzelne von uns tun?
Jeder von uns muss für sich entscheiden, ob er gesunde Nahrung, Tierwohl, sauberes Trinkwasser sowie blumen-, tier- und strukturreiche Landschaften als erstrebens- und erhaltenswert erachtet, für sich selbst und für unsere nachfolgenden Generationen. Jeder kann durch sein Konsumverhalten hierfür ein Zeichen setzen, indem er regionale, unter ökologischen Gesichtspunkten produzierte Waren zu einem fairen Preis kauft!  

Bericht: Claus Hainbuch  

Jahresrückblick NAJU 2019

Wie bei allen Veranstaltungen des NABU gab es auch in diesem Jahr bei der NAJU „Highlights“, die wie all die Jahre zuvor wieder stark besucht wurden und etwas Besonderes waren. Auf diese Highlights möchte ich mich in diesem Rückblick beschränken.  

Das NAJU-Programm 2018 startete am 23. Februar mit der Winterwanderung zur Vogel-Nistkastenkontrolle unter Begleitung eines Jägers. Mit dabei war dieses Jahr auch eine Reporterin der Waiblinger Kreiszeitung. Zwei Tage später erschien ein sehr schöner Bericht mit Foto in der Zeitung. Ein weiterer Höhepunkt war am 6. April unter dem Motto Wir schaffen Lebensräume für Schmetterlinge und Wildinsekten. Auch hier war die WKZ mit vor Ort und berichtete kurz danach ausführlich über diese so sinnvolle NAJU-Aktion. Der April 2019 war für mich ein ganz persönliches Highlight, da ich exakt 10 Jahre zuvor - im April 2010 - mit der damals neu gegründeten Gruppe als erste NAJU-Aktion den Mühlbach in Endersbach inspizierte. Auch hierüber wurde von der WKZ damals ausführlich berichtet.
Des weiteren folgte am 25. Mai ein interessanter
Arbeitseinsatz am Schachen-Biotop. Da unsere selbst ausgesamte Blühfläche am Schönbühl-Hochwasser-Behälter an diesem Tag unter Wasser stand, mussten wir nach Strümpfelbach ausweichen und renovierten einen der drei Amphibientümpel.  

Eine weitere und gern besuchte Veranstaltung war am 16. August die Nachtwanderung mit dem Jäger und einer Jagdhunde-Vorführung. Es war toll, es kamen über 30 Teilnehmer aus Weinstadt und Umgebung!  

Bericht: Hans Ruff  

Ausblick auf das nächste Jahr:

Die Turteltaube – Vogel des Jahres 2020

Die Turteltaube ist die kleinste in Deutschland vorkommende Taube. Mit einer Körperlänge von nur ca. 25 Zentimetern und einer Flügelspannweite bis 50 Zentimetern ist sie kleiner und viel graziler als ihre Verwandten, fällt jedoch durch ihr unverwechselbar farbenfrohes Gefieder auf, das nahezu exotisch anmutet.  

Im Gegensatz zu unseren anderen Tauben sind sie die einzigen, die sich auf den langen Weg nach Afrika machen: Turteltauben verbringen ihren Winter südlich der Sahara. Zu uns kehren sie Ende April bis Mitte Mai zurück und beginnen mit der Balz. Hier
leben sie vor allem in der vom Menschen genutzten
Kulturlandschaft oder in lichten Wäldern. Die
Turteltaubenpärchen bleiben sich über die gesamte Brutsaison treu. Das zärtliche Liebesleben der Tauben, das manchmal wie „sich-Küssen“ aussieht, war schon in der Antike bekannt und gab der Taube ihren Namen. Die Turteltaube steht für Glück, Liebe und Frieden. Ihre Lebensbedingungen sind allerdings weniger romantisch: Seit 1980 sind fast 90 Prozent ihrer Bestände in Deutschland verloren
  gegangen.

Was der kleinen Taube fehlt, sind geeignete Lebensräume wie strukturreiche Wald- und Feldränder. Besonders durch die intensive, industrielle Landwirtschaft haben sich die Bedingungen für die Turteltaube enorm verschlechtert.
Die Turteltaube ist sehr selten geworden und ist der erste vom NABU gekürte Vogel des Jahres, der auch als global gefährdete Art auf der weltweiten roten Liste steht. Auf ihrem Zugweg von und nach Afrika wird sie zudem in den südlichen Ländern Europas durch illegale, aber auch zum Teil legale Jagd massiv gefährdet. Allein in der EU werden jährlich rund zwei Millionen Turteltauben getötet.
 

Am 9. März 2020 werden wir im Rahmen einer Veranstaltung des StadtSensiorenRates im Otto-Mühlschlegel-Haus Endersbach den Vogel des Jahres ausführlich vorstellen.  

Bericht: Claus Hainbuch