Am Sonntag, 19. Mai 2019, fuhren 12
Mitglieder des NABU Weinstadts und 18 Mitglieder des NABU Waiblingen mit
einem Bus der Fa. Eisenmann zum neuen NABUNaturschutzzentrum am Bodensee bei Konstanz. Direkt vor der Haustür des NABU-Zentrums am Bodensee liegt das
Wollmatinger Ried, ein europaweit bedeutendes Naturparadies mit einer Fläche von 774 Hektar, das seit
fast 40 Jahren vom NABU betreut wird. „Der enorme Artenreichtum dieses Reservats macht dieses Gebiet zum kostbaren Juwel und zum Hotspot der
Biodiversität“
(Zitat: NABU BW). Es wurde durch das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 als FFH- (Fauna-FlorHabitat) und Vogelschutzgebiet geschützt und wurde mit dem „Europa-Diplom“ ausgezeichnet. Seine ufernahen Riedflächen und Wiesen beherbergen zahlreiche
sehr seltene und fast ausgestorbene Arten und weist etwa 300 Vogelarten, davon über 60 Brutvogelarten und ca. 330 Schmetterlingsarten auf. Bei den Pflanzen zählen die Mehlprimel, die und 21 verschiedene Orchideenarten zu den Besonderheiten. An
Bäumen findet man im Ried die Schwarzpappel, die Silberweide, Ulmen oder Eichen, doch die meisten Gehölze sind
Büsche wie Kreuzdorn, Schneeball und Weiden. Das Wollmatinger Ried entstand, wie der Bodensee auch, als sich das Eis der letzten Eiszeit (Würmeiszeit) in die Berge zurückzog und das Schmelzwasser zurückließ. Zum Schutz der Flora und Fauna darf das
riesige Naturschutzgebiet nicht auf eigene Faust begangen werden.
Eine junge, aber erfahrene und kompetente Mitarbeiterin im NABU-Bodenseezentrum, Teilnehmerin am Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ), führte unsere Gruppe
beinahe vier Stunden lang auf überwiegend schmalen Infopfaden durch das Schutzgebiet. Trotz schlechter Vorhersagen hielt das Wetter und es
schien überwiegend sogar die Sonne. Wir starteten unsere ca. 5 km lange Rundtour am alten
Naturschutzzentrum „Vogelhäusle“ in der Nähe der Kläranlage Konstanz. Zunächst führte der Weg durch weite topfebene Streuwiesen, die aufgrund der
Jahreszeit noch einen relativ spärlichen Blütenflor aufwiesen. Immer wieder wurden kleine Stopps
eingelegt, bei denen unsere Führerin interessante Informationen zu Flora und Fauna gab. Über uns kreisten Rot- und Schwarzmilane. In der Ferne grasten oder lagerten Rehe und Hasen. Eine kleine Herde von Schottischen Hochlandrindern weidete unter einer Baumgruppe und ließ sich von uns nicht stören. Das Licht, die Stille, das saftige Grün und die Weite der Landschaft verbreiteten eine friedliche Stimmung. Ein vor uns liegender Schilfgürtel kündigte dann die Uferzone des
Seerheins an, an dessen Ufer wir auch bald daraufstanden. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite lag die Schweizer
Gemeinde Gottlieben, die zum Kanton Thurgaugehört. Auf dem Seerhein übte sich vor unseren Augen über eine längere Zeit
ein Schwanenpaar im Synchronschwimmen. Ein Haubentaucherpaar suchte unter Wasser nach Nahrung, Stockenten hofften am Ufer
auf Futter. Auf schmalen Pfaden ging es dann im Gänsemarsch in nordwestlicher Richtung weiter. In der Ferne konnte man den mit hohen
Pappeln gesäumten Reichenauer Damm erkennen. Unterwegs entdeckten wir auf einer Weidenhecke ein
Neuntöterpaar. Eine Sumpfmeise verschwand mehrfach mit Futter im Schnabel in einem Astloch einer alten Weide. Aus unterschiedlichen Richtungen hörten
wir den Ruf des Kuckucks. Rechts des Pfades entdeckten wir in einiger Entfernung mit unseren Ferngläsern eine größere Anzahl des Kleinen
Knabenkrautes (Anacamptis morio) und direkt
am Wegrand das Fleischfarbene Knabenkraut (Dactylorhiza
incarnata). An vielen Bäumen konnten wir die Nagespuren des
Bibers erkennen und seine zu Fall gebrachten Bäume säumten den Weg. Schließlich landeten wir an einer Biberburg,
wo mit Drainagerohren und Bypassgräben versucht wurde, den Überschwemmungsbereich etwas einzugrenzen. Zur Seeseite hin erstreckten sich große Schilfflächen, die bis an den Seerhein reichten. In der Nähe der Stelle, wo der Seerhein in den Untersee mündet, liegt der Triboldingerbohl, eine unbewohnte, schilfbewachsene Vogelschutzinsel. In Höhe des nördlichen Endes dieser Insel gelangten wir zu einer Beobachtungsplattform. Von dort aus konnten wir das lebhafte und laute Treiben von Fluss-Seeschwalben, Möwen, Braunenten, Kolbenenten und Kormoranen beobachten. Kiesbedeckte Flöße, die in einiger Entfernung
im Wasser verankert waren, boten den Fluss-Seeschwalben die Möglichkeit zum Brüten. Eine Rohrweihe suchte
das Röhricht nach Futter ab. Nach einer längeren
Beobachtungspause führte uns dann der Weg entlang am Mühlegraben wieder zum Ausgangspunkt zurück.
Unterwegs fanden wir den Gift-Hahnenfuß (Ranunculus sceleratus) und die Mehlprimel (Primula farinosa), eine Bartmeise war kurz bei der Futtersuche zu beobachten. Am Ausgangspunkt angekommen,
wartete schon unser Bus, um uns zum neuen NABU-Naturschutzzentrum zurückzufahren.
Am NABU-Schutzzentrum ließen wir uns hungrig und manche auch etwas erschöpft von der Wanderung und den
vielen Eindrücken, auf der großen Holzterrasse vor den beiden modernen Gebäuden nieder und verzehrten unser mitgebrachtes Vesper. Anschließend erhielten wir
eine Führung durch das neue NABU-Bodenseezentrum. Es ist das Zuhause der bisherigen NABUZentren Wollmatinger Ried und
Mettnau sowie des NABUBezirksverband Donau-Bodensee. Als Tor zum Wollmatinger Ried ist es Anlaufstelle für alle
Besucherinnen und Besucher, die die einzigartige Natur am Untersee erleben möchten. Von hier aus
pflegen und betreuen rund 50 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 29 Schutzgebiete am Bodensee und im Hegau und zeigen
Besuchergruppen die faszinierende Naturvielfalt der Region. Sie kontrollieren Gebiete, erfassen Tier- und
Pflanzenbestände und managen Biotope, damit die Lebensräume von Biber, Bodensee-Vergissmeinnicht und Großem Brachvogel
erhalten bleiben. Jährlich bietet der NABU dort mehr als 200 informative Führungen in die Schutzgebiete an. Im
Hauptgebäude befinden sich Büros sowie eine neue Dauerausstellung, die in die Naturerlebniswelt zwischen Bodenseeufer
und Hegau einführt. Im Nebengebäude sind eine Werkstatt für die Landschaftspflegegeräte sowie ein Wohnbereich
untergebracht. Müde aber zufrieden stiegen wir anschließend wieder in unseren Bus, machten an der Raststätte Hegau noch
eine kleine Kaffepause und kamen abends gerade noch vor einem heftigen Gewitterguss wieder in Endersbach
an.
Bericht Günther Schaub